Der Gebäudesektor ist für etwa 18 % (Q2 2023) der totalen THG-Emissionen in der EU verantwortlich. Seine Transformation spielt also eine zentrale Rolle, um die Treibhausgasemissionen zu senken – auf nationaler und auf europäischer Ebene. Eine Studie im Auftrag der „Association of the European Heating Industry“ analysierte zwei unterschiedliche Szenarien, die diesem Ziel näherkommen. Besondere Berücksichtigung erfährt dabei die gesellschaftliche Akzeptanz, welche vor allem mit den entstehenden Kosten zusammenhängt.
Beide Szenarien sehen eine Reduktion der THG-Emissionen um 60% und eine Reduktion der Nachfrage nach Erdgas im Gebäudesektor um 40% vor. Dies soll vor allem durch den gesteigerten Einsatz von Wärmepumpen (Zubau von über 30 Millionen bis 2030) passieren. Zusätzlich sollen vermehrt Biomasse, Solarthermie und grünes Gas den Energiebedarf im Gebäudesektor decken. Jährlich sollen dafür etwa 6% der aktuell verwendeten ineffizienten fossilen Heizungen ersetzt werden. Auch die Energieeffizienz von Gebäuden soll weiter gesteigert werden.
Die beiden Szenarien A und B unterscheiden sich hauptsächlich hinsichtlich des Einsatzes von Wärmepumpen: Während in Szenario A Wärmepumpen und die weitgehende Elektrifizierung des Heizsektors im Fokus steht, wird in B eine höhere Technologiediversität angenommen, welche auch hybride Heizsysteme, Bioenergie und grünes Gas als Alternativen zu den zu ersetzenden fossilen Systemen miteinbezieht.
Der Vorteil des Technologiemix-Szenarios B liegt darin, dass die elektrischen Spitzenlasten im Netz, die durch den Betrieb von Wärmepumpen verursacht werden, deutlich geringer ausfallen als in Szenario A, nämlich 133 anstatt 292 GW (2050). Dadurch sind bis 2050 ca. 345 Mrd. Euro weniger an Investitionen in den Netzausbau und die Erzeugung erforderlich.
Natürlich wird sich auch in Szenario B die Spitzenlast bis 2030 im Vergleich zu 2020 verdreifachen. Zusätzlich können jene Gebäude, in denen der Einbau einer Wärmepumpe mit überdurchschnittlich viel Aufwand verbunden wäre, jedoch mit Fernwärme, verschiedenen Formen der Bioenergie und (zumindest in diesen Szenarien) mit grünem Gas beheizt werden.
Bis 2050 soll fossiles Gas gänzlich aus dem Gebäudesektor verschwinden. Insgesamt spart Szenario B (Technologiemix) gegenüber A (Konzentration auf Wärmepumpen) 527 Mrd. Euro bis 2050.
Diese Studie zeigt, dass die fossile Dekarbonisierung des Gebäudesektors über den Einsatz eines Bündels nachhaltiger Heizungstechnologien, also einen Technologiemix, am effizientesten vollzogen werden kann. Es gibt für jede individuelle Voraussetzung, für jedes Gebäude zumindest eine passende Technologie für die Wärmeversorgung. Versucht man, eine einzige Lösung für alle Anwendungen durchzusetzen, führt das zu überhöhten Kosten und suboptimalen Ergebnissen. Die wichtigste kurzfristig wirksame Maßnahme liegt darin, alte, ineffiziente fossile Heizungen auszutauschen. Denn nur so können die Emissionen im Gebäudesektor bis 2030 um 55% gesenkt werden.
Quelle: Guidehouse 2023: Decarbonisation pathways for the European building sector